Sauerstoffmangel bei Neugeborenen: Therapieformen erweitern


„Hermann-Seippel-Preis – Deutscher Forschungspreis für Kinderheilkunde“ der Stiftung Universitätsmedizin geht an Forschergruppe aus Essen und Berlin
Wie interagieren Darm, Immunsystem und Gehirn bei Neugeborenen nach einer Sauerstoffunterversorgung (medizinisch: neonatale Hypoxie-Ischämie)? Mit dieser Fragestellung befasst sich das Preisträgerprojekt des „Hermann-Seippel-Preises – Deutscher Forschungspreis für Kinderheilkunde“ der Stiftung Universitätsmedizin. Überreicht wurde die Auszeichnung von der nordrhein-westfälischen Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Ina Brandes MdL. Die Arbeit der ausgezeichneten Forschergruppe aus Essen und Berlin hat sich zum Ziel gesetzt, die Therapiemöglichkeiten betroffener Neugeborener zu erweitern. Der „Hermann-Seippel-Preis“ ist mit 200.000 Euro dotiert.
Wenn Babys rund um die Geburt zu wenig Sauerstoff bekommen, kann ihr Gehirn dauerhaft geschädigt werden. Viele dieser Kinder leiden später an Bewegungsstörungen, Epilepsie oder Lern- und Entwicklungsproblemen. Die einzige zugelassene Behandlung ist bisher eine kontrollierte Kühlung direkt nach der Geburt. Doch diese hilft nur einem Teil der betroffenen Kinder.
Ein Forschungsteam aus Essen und Berlin will nun herausfinden, welche Rolle der Darm und seine Bakterien – das sogenannte Mikrobiom – sowie eine spezielle Immunzellpopulation, sogenannte regulatorische T-Zellen, dabei spielen. Denn die Entwicklung des Darms, des Immunsystems und Gehirns stehen in enger Wechselwirkung. Veränderungen in diesem Zusammenspiel können die weitere Entwicklung stark beeinflussen – und sogar bei Jungen und Mädchen unterschiedlich wirken.
Ina Brandes MdL, Kultur- und Wissenschaftsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen: „Das ausgezeichnete Projekt belegt die Stärke des Wissenschaftsstandortes Nordrhein-Westfalen. Gerade in der Kinderheilkunde ist exzellente Forschung unverzichtbar, damit jungen Patientinnen und Patienten die bestmögliche Versorgung erhalten. Spitzenforschung ‚made in NRW‘ wie hier in Essen ist eng vernetzt – in Deutschland wie international – und legt die Grundlage für neue Therapien und eine noch bessere Versorgung.“
Das Projekt ist eine Kooperation der Klinik für Kinderheilkunde I der Universitätsmedizin Essen – Projektleitung PD Dr. Josephine Herz – mit dem Experimental and Clinical Research Center (ECRC), Berlin – Dr. Lajos Marko und Prof. Dr. Sofia Forslund. „Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung mit dem diesjährigen Hermann-Seippel-Preis und die damit verbundene Würdigung unseres Forschungsansatzes“, so Projektleiterin Privatdozentin Dr. Josephine Herz. „Das Preisgeld der Stiftung Universitätsmedizin ermöglicht unserem Team, unter den besten Voraussetzungen die komplexen Wechselwirkungen zwischen den sich entwickelnden und miteinander interagierenden Organsystemen Darm, Immun- und Nervensystem infolge einer neonatalen Hypoxie-Ischämie zu verstehen und langfristige Folgen abzumildern.“
Mit modernsten molekularbiologischen und bildgebenden Verfahren untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie eine Hirnschädigung nach Sauerstoffmangel während der Geburt das Darmmikrobiom verändert, wie dies die geschlechtsabhängige Funktion regulatorischer T-Zellen beeinflusst und wie sich das auf die Gehirnentwicklung auswirkt. Auf diese Weise sollen neue Ansätze zur Behandlung und Vorbeugung späterer Erkrankungen entwickelt werden – zum Beispiel durch gezielte Unterstützung des Darmmikrobioms. So könnte das Projekt langfristig helfen, Kindern nach Sauerstoffmangel bei der Geburt bessere Entwicklungschancen zu geben und Familien zu entlasten.
„Mit dem Hermann-Seippel-Preis möchten wir einerseits die Weiterentwicklung der Kinderheilkunde unterstützen und andererseits die Vernetzung der medizinischen Fakultäten in Deutschland fördern“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Radtke, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Universitätsmedizin. „Wieder einmal ist es gelungen, ein wegweisendes Projekt auszuzeichnen, das diesen Anspruch erfüllt. Wir gratulieren den beteiligten Forscherinnen und Forschern aus Essen und Berlin und wünschen Ihnen bei Ihrer Arbeit den größtmöglichen Erfolg.“
Über den „Hermann-Seippel-Preis – Deutscher Forschungspreis für Kinderheilkunde“ schüttet die Stiftung Universitätsmedizin bis zum Jahr 2027 insgesamt eine Million Euro in Margen von jeweils 200.000 Euro aus. Die Preisträger ermittelt ein zweistufiges Auswahlverfahren durch externe Gutachterinnen und Gutachter anhand transparenter Kriterien. Dazu zählen unter anderem die Relevanz und Aktualität der Fragestellung, die wissenschaftliche Qualität des Projektes oder dessen Innovationsgrad.
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