DFG fördert Immunzellen-Forschung: Lebensbedrohliche Infektionen bei Sepsis verhindern
Wenn unser Immunsystem nicht mehr richtig funktioniert, z.B. aufgrund schwerer Krankheiten oder Verletzungen, kann dies sehr schnell sehr gefĂ€hrlich werden. Neben der Bedrohung durch die eigentliche Erkrankung laufen Betroffene Gefahr, dass es zu einer Sepsis kommt, vom Volksmund oft Blutvergiftung genannt. Am hĂ€ufigsten sind bakterielle Infektionen, z.B. mit multi-resistenten Keimen. Schwere VerlĂ€ufe fĂŒhren oft zu lebensbedrohlichem Organversagen. Prof. Dr. Stefanie FlohĂ© von der Medizinischen FakultĂ€t der UniversitĂ€t Duisburg-Essen (UDE) erforscht mit ihrem Team seit Jahren, warum einige Menschen dafĂŒr empfĂ€nglicher sind als andere. In einem neuen Projekt untersuchen sie mit Forschenden des UniversitĂ€tsklinikums DĂŒsseldorf, wie Immunstörungen bei Sepsis entstehen und was dagegen getan werden könnte. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert dies fĂŒr 3 Jahre mit 450.000 Euro.
Die Wahrscheinlichkeit, an den Folgen einer Sepsis zu sterben, liegt laut Weltgesundheitsorganisation bei 30 Prozent. Von den weltweit circa 1,5 Millionen registrierten Sepsis-FĂ€llen pro Jahr fĂŒhren etwa 500.000 zum Tod, durchschnittlich sterben tĂ€glich knapp 1.400 Menschen. Auch in Deutschland beobachtet man eine Ă€hnlich hohe Sterberate: Von den geschĂ€tzten 154.000 Sepsis-FĂ€llen verlaufen rund 56.000 tödlich. Zu den prominenteren Opfern zĂ€hlen der Publizist Rudolf Augstein, die TV-Moderatorin Ilona Christen und der ehemalige BundesprĂ€sident Walter Scheel.
Auch, wenn Menschen mit geschwĂ€chtem Immunsystem mehr gefĂ€hrdet sind: eine Sepsis kann grundsĂ€tzlich jeden treffen, wobei Neugeborene und Ăltere besonders anfĂ€llig sind. In manchen FĂ€llen entsteht eine Sepsis auch ohne bekannte vorherige BeeintrĂ€chtigung des Immunsystems, beispielsweise bei Harnwegsinfekten, LungenentzĂŒndungen und Tierbissen.
Leider sind viele Ursachen fĂŒr sepsisbedingte Komplikationen, z.B. wiederkehrende Infektionen, nach wie vor völlig unklar, sodass in der Praxis vorwiegend die Symptome behandelt werden können. Die Teams um Prof. Dr. Stefanie FlohĂ© und Prof. Dr. Stefanie Scheu (UniversitĂ€tsklinikum DĂŒsseldorf) konzentrieren sich bei ihrer Forschung daher auf die Folgen einer Sepsis auf das Immunsystem. Sie suchen nach Möglichkeiten, möglichst frĂŒh wĂ€hrend einer Sepsis zu verhindern, dass das Immunsystem fehlgeleitet wird. âUnsere Studie ergĂ€nzt auch laufende Projekte der UniversitĂ€tsmedizin Essen zur Optimierung von Antibiotikatherapienâ, sagt Prof. FlohĂ©, Leiterin der Arbeitsgruppe âImmunologie Sepsis/Traumaâ an der Klinik fĂŒr Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie. âDenn auch das beste Antibiotikum kann ohne ein intaktes Immunsystem nicht erfolgreich wirken.â
Was untersuchen die Forschungsteams genau?
In den kommenden Jahren werden die Wissenschaftler:innen vor allem das Verhalten zweier Arten von Immunzellen studieren, den konventionellen dendritischen Zellen (cDCs) sowie den plasmazytoiden dendritischen Zellen (pDCs). Die cDCs fungieren als Wachposten des Immunsystems, die mit anderen Zellarten kommunizieren, bei Gefahr Alarm schlagen und VerstÀrkung in Form von Abwehrzellen organisieren können. Kommt es zu einer Sepsis, produzieren cDCs Botenstoffe, die andere Immunzellen hemmen, sodass neue Erreger nicht mehr abgewehrt werden. Schuld daran scheinen die plasmazytoiden dendritischen Zellen zu sein.
âIn einer frĂŒheren Studie fanden wir heraus, dass die pDCs ins Knochenmark einwandern und die dort entstehenden cDCs manipulierenâ, fasst Prof. FlohĂ© zusammen. Das DFG-geförderte Projekt soll Aufschluss darĂŒber geben, wie pDCs bei Sepsis ins Knochenmark gelangen und cDCs in die sog. Dysfunktion treiben. âDie Identifikation der problematischen Botenstoffe könnte die Entwicklung neuer klinischer Studien befeuern, deren Ergebnisse am Ende die frĂŒhzeitige Behandlung von Betroffenen ermöglichen.â